Der Sommer der dunklen Schatten by Hilke Rosenboom

Der Sommer der dunklen Schatten by Hilke Rosenboom

Autor:Hilke Rosenboom
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Carlsen Verlag, Hamburg
veröffentlicht: 2012-03-29T16:00:00+00:00


Als Robert am Abend erwachte, fühlte er sich leicht und ausgeruht. Die Sonne war noch nicht ganz untergegangen. Ihr ermattender Schein tauchte den Raum in ein helles rosa Licht.

Joe schlief zwei Betten weiter in ihrem großen schwarzen Mantel und sah dabei aus wie ein verhungerter Vampir. Robert blinzelte in die Sonne, aß noch im Liegen einen Schokoladenkeks und federte dann gut gelaunt aus dem Bett.

Seine Armbanduhr zeigte halb neun. Genau die richtige Zeit zum Aufstehen, wenn man beschlossen hat, lieber nachts als tagsüber zu leben.

»Hey! Aufwachen!« Er rüttelte leicht an Joes Schulter. »Wenn wir zu Frau Eisenstein ins Krankenhaus wollen, müssen wir bald los.«

Joe atmete tief ein und wieder aus. Dann flatterten ihre bläulichen Augenlider. »Lass mich in Ruhe, du A …!« Nach dem »A« brach ihre Stimme plötzlich ab.

»Was?« Robert rüttelte sie stärker.

In diesem Augenblick schnellte sie im Bett hoch. Fast hätten sie sich die Köpfe angestoßen. Sie starrten einander an und in jedem von ihnen schien ein Film abzulaufen, der den heutigen Morgen zum Inhalt hatte.

»Äh«, machte Joe. »Lass mich in Ruhe, du A …A …A … Alligator!«

Robert blinzelte. »Alligator? Was soll das schon wieder heißen?«

Joe sprang auf die Füße und suchte ihre Taschen und Beutel zusammen. »Alligator ist ein afrikanisches Kosewort. Kenne ich von Frau Eisenstein. Es bedeutet, dass jemand nett und grün ist und ein unheimlich guter Schwimmer.«

»So ein Quatsch.« Robert schüttelte den Kopf und reichte Joe einen Keks. »Beeil dich. Ich weiß nicht, wie lange man abends ins Krankenhaus reinkommt.«

Der Weg durch den Wald machte Robert an diesem Abend weniger aus als sonst. Sein lederner Brustbeutel war dick gefüllt mit den seltsamen Pflanzen und schlug bei jedem Schritt leicht gegen seinen Bauch. Robert folgte Joe in einigem Abstand, aber heute hatte er kaum noch Mühe, ihr Tempo zu halten.

Das einzig Nervige waren die Mücken. Zunächst dachte Robert, dass sie ihn stechen wollten, aber dann merkte er, dass sie von den Pflanzen vor seiner Brust angezogen wurden. Bald flog eine dichte Wolke kleiner schwarzer Fliegen vor ihm her, einige hatten es geschafft, auf dem Lederbeutel zu landen, andere surrten aufgeregt um seinen Hals herum.

Nach den Fliegen trafen die Käfer ein, zunächst die kleineren, dann die größeren, die in der Luft wie Spielzeughubschrauber aussahen. Als ein besonders dicker roter Käfer auf Roberts Schulter heruntergekommen war, wischte er ihn ärgerlich zur Seite und stellte fest, dass das Tier sich verzweifelt an seinen Finger klammerte. »Igitt! Das ist ja ekelhaft!«

»Schsch …« Joe sah sich wütend zu ihm um. »Leise!«

Sie hatten abgemacht, während der Walddurchquerung zu schweigen. Joe vermutete, dass Gustav sich hier herumtreiben würde, und sie wollten ihn auf keinen Fall auf sich aufmerksam machen.

Robert war stehengeblieben und versuchte eine daumenlange Libelle zu verscheuchen, die sirrend auf einem Ärmel seines T-Shirts saß. Da spürte er einen Luftzug.

Er blickte sich nach hinten um. Zunächst dachte er, dass die Dunkelheit ganz plötzlich hereingebrochen war. Aber eine dunkle Wolke hinter ihm bewegte sich auf ihn zu. Das war unfassbar. Die Luft war schwarz von Fledermäusen.

Es gab große, die sofort ihre Kreise um



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